Der Zauber der Farben auf den Blumen - Ein Frühlingsmärchen von Wunderle

Der Zauber der Farben ein Frühlingsmärchen

Tief verborgen in einem Tal, das als das Reich der ewigen Frühlinge bekannt war, erwachte eines Tages der Elfenkönig Orellan aus seinem langen, winterlichen Schlaf. Als er sich gähnend streckte und durch das geöffnete Fenster seines Palastes hinausblickte, erstarrte er vor Schreck, denn die Welt, die er kannte, war blass und leblos geworden. Die Blumen, die einst in leuchtenden Farben tanzten und sich im Wind hin und her wiegten, standen nun farblos und still unter der sanften Morgensonne. Die Bäume, deren Blätter im Frühling sonst in sattem Grün erstrahlten, waren fahl und grau.

Orellans Herz zog sich vor Angst und Sorge zusammen. Er war der Hüter der Blüten und Lieder, der Bote des Frühlings, und doch war seine Welt ohne Farben, das kann doch nicht möglich sein. Sofort rief er seine treuen Windgeister herbei und schickte sie in alle Himmelsrichtungen, um der Ursache dieses unheilvollen Zaubers auf den Grund zu gehen.

Tag und Nacht suchten die Winde, flogen über Wiesen und Wälder, durch Berge und Flüsse, tiefe Täler und versteckte Ecken doch nirgendwo fanden sie eine Spur des Frühlings. Erst als einer der jüngsten Winde den hohen Hügel des Farbenkönigs erreichte, offenbarte sich das Geheimnis. Der Farbenkönig, ein alter Freund Orellans, der Meister aller Farbtöne und Schattierungen, lag tief und fest schlafend in seiner verborgenen Höhle. Um ihn herum lagen seine magischen Farbpaletten und Pinsel, bedeckt von bunten Decken, als wäre der Winter nie zu Ende gegangen.

Der lange, harte Winter hatte den alten König so müde gemacht, dass er schlichtweg den Frühlingsbeginn verschlafen hatte. So war die Welt in ihrer blassen Starre geblieben.

Orellan wusste, dass nur er seinen Freund wecken konnte. Also machte er sich auf die Reise durch den taufrischen, erwachenden Wald, über glitzernde Bäche und weite Wiesen, bis er schließlich die Höhle des Farbenkönigs erreichte. Vorsichtig trat er ein und sah seinen alten Freund tief schlummernd unter seinen bunten Decken.

Mit einer sanften Melodie, gespielt auf seiner silbernen Elfenflöte, begann Orellan, den Farbenkönig aus seinem Schlaf zu locken. Erst ein leises Murmeln, dann ein tiefes Gähnen – schließlich öffnete der Farbenkönig blinzelnd die Augen. Als er den besorgten Blick Orellans sah, verstand er sofort, was geschehen war. Lachend über seine eigene Verspätung sprang er auf, griff nach seinen magischen Pinseln und trat hinaus in die Welt.

Gemeinsam flogen der Elfenkönig und der Farbenkönig über das Tal. Mit jedem Pinselstrich des Farbenkönigs erwachte die Welt zu neuem Leben. Die Rosen glühten in leuchtendem Rot, die Sonnenblumen strahlten in warmem Gelb, und das Veilchenmeer erblühte in tiefstem Blau. Die Bäume füllten sich mit frischem Grün, und selbst der Himmel leuchtete heller als je zuvor.

Die Bewohner des Tals, von den kleinsten Insekten bis zu den majestätischen Einhörnern, versammelten sich staunend und voller Freude. Ein bunter Blütenregen fiel vom Himmel, während die Tiere und Feen tanzten und sangen, dankbar für die Wiederkehr der Farben.

Von diesem Tag an schworen sich der Elfenkönig und der Farbenkönig, dass sie sich jedes Jahr am Ende des Winters treffen würden, um sicherzustellen, dass der Frühling pünktlich und in voller Pracht erwachen würde. Und so wurde der Zauber der Farben jedes Jahr aufs Neue gefeiert, und die Geschichte von Orellan und dem Farbenkönig lebte als eine der schönsten Legenden in der magischen Welt weiter.

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